OLG Oldenburg
6 U 204/04
7 O 764/04 LG Osnabrück
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
... gegen ...
hat der 6. Zivilsenat des OLG Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 02.12.05 durch die Vorsitzende Richterin am OLG ... sowie die Richter am OLG ... und ... für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.10.04 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Osnabrück wird auf ihre Kosten zurück gewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrage leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten - Zins- und Tilgungszahlung aus mehreren Darlehen, die sie dem HAT-Fond 49 gewährt hat und für die, wie sie meint, der Beklagte aufgrund seines Beitritts zu diesem Fond anteilig einzustehen habe, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte die auf ihn entfallenden Zinszahlungen . aus den Darlehensverträgen vom 30.12.1994 künftig zu erbringen hat, weiter hilfsweise Feststellung dahin, dass .zwischen ihr und dem Beklagten ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist.
Wegen des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts nimmt der Senat auf den Tatbestand und die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des von der Klägerin im vollen Umfang angefochtenen Urteils Bezug. Lediglich ergänzend ist zu bemerken, dass der hiermit in Bezug genommene Zeichnungsschein keine Angabe der einzelnen - im übrigen noch aus zuhandelnden - Darlehensbedingungen enthält.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dabei offen gelassen, ob der Beklagte Partei der Darlehensverträge geworden ist und ob diese nach § 4 des Verbraucherkreditgesetzes wirksam sind. Denn diese Verträge seien jedenfalls gern. § 134 BGB i. V. m. Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes unwirksam. Diese Nichtigkeit könne auch nicht nach Rechtscheinsgrundsätzen geheilt werden. Aus der Nachtragsvereinbarung vom 09.08.2001 könne die Klägerin auch in Verbindung mit ihrer Stellungnahme vom 22.06.1999 keine Rechte herleiten. Eine Genehmigung der unwirksamen Darlehensverträge liege nicht vor. Der Beklagte habe auch kein Anerkenntnis abgegeben. Nach der Rechtsprechung des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (NJW 2004, 2736 ff sowie 2742 f) sei der Beklagte auch nicht zur Zahlung aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, weil es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Fond-Beitritt um ein verbundenes Geschäfts gern, § 9 Verbraucherkreditgesetz a.F. handele.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Sie führt aus, das Landgericht habe die für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche Frage, ob der Beklagte Vertragspartner der streitgegenständlichen Darlehensverträge geworden sei, in unzulässiger Weise offen gelassen. Darüber hinaus habe es verkannt, dass der Beklagte der Treuhänderin bereits mit der Urkunde "Auftrag und Vollmacht" (Zeichnungsschein) wirksam die Vollmacht zum Abschluss der Darlehensverträge erteilt habe. Rechtsfehlerfrei sei auch die Auffassung des Landgerichts, wonach die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht sowie die Vorschriften der §§ 171 ff BGB keine Anwendung finden. Die Klägerin verweist insoweit auf die Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (NJW 2005, 664 ff sowie 667 ff).
Abgesehen davon liege kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vor, weil der Treuhandvertrag in erster Linie Wirtschaftsangelegenheiten und gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten umfasse. Die derzeitige Interpretation des Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetzes sei mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Die Nachtragsvereinbarung (Bl. 16 Band 1) sei als Schuldanerkenntnis i. S. d. §§ 780, 781 BGB zu werten. Schließlich sei entgegen der Auffassung des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs das Verbraucherkreditgesetz nicht anwendbar.
Sie beantragt:
das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 12.10.2004, Az.: 7 0 764/04, wird aufgehoben,
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.080,73 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.467,63 € seit Rechtshängigkeit und im Hinblick auf weitere 2.613,10 € seit dem 28.05.2004 sowie weitere' 1 0,00 € vorgerichtliche Mahngebühren zu bezahlen,
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin künftig monatlich jeweils am 30. eines jeden Kalendermonats 220,49 € sowie 40,87 € an die Klägerin zu bezahlen,
hilfsweise,
der Beklagte ist verpflichtet, die auf ihn entfallenden Zinsleistungen aus den Darlehensverträgen vom 30.12.1994 in Verbindung mit der Nachtragsvereinbarung vom 28.06.2001/09.08.2001 zukünftig zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen zu erbringen,
weiter hilfsweise,
es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Darlehensvertrag über 76.693,78 € verzinslich zu 4,95 % p. a. und ein Darlehensvertrag über 14.213,91 € verzinslich zu 4,95 % o.a. besteht.
Der Beklagte, der Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt die
angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Bekräftigung seines
erstinstanzlichen" Vorbringens.
II.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, weil zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande gekommen ist, eine Genehmigung des Beklagten nicht erfolgt ist, kein Anerkenntnis vorliegt und der Beklagte auch nicht nach bereichungsrechtlichen Grundsätzen zur Zahlung verpflichtet ist.
Dabei kann dahinstehen, ob die dem Treuhänder ... erteilte Vertretungsvollmacht und folglich die aufgrund dieser Vollmacht vorgenommenen Rechtsgeschäfte deshalb unwirksam sind, weil die Vollmacht gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 des Rechtsberatungsgesetzes verstößt. Offenbleiben kann auch, ob ein entsprechender Mangel unter Rechtsscheingesichtspunkten heilbar ist und auch geheilt worden ist (vgl. BGH NJW 2002,2327 sowie NJW 2004, 2736 und 2724; anderer Ansicht: 11. Zivilsenat des BGH NJW 2005, 664; vgl. auch BGH WM 2001,2260, 2261f). Denn die Darlehensverträge sind ohnehin nach §§ 6 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 a, b u. f Verbrauchkreditgesetz nichtig. Der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 21.03.2005 (NJWRR 2005, 986ff) seine Rechtsprechung unter Auseinandersetzung mit der Auffassung des 11. Zivilsenats aufrechterhalten. Danach sind zwischen den Parteien keine wirksame Darlehensverträge zustande gekommen, weil diese wegen fehlender Angaben zur Belastung des Kreditnehmers gemäß § 4 Verbraucherkreditgesetz nichtig und nicht nach § 6 Abs. 2 Verbraucherkreditgesetz geheilt worden sind.
In den Darlehensverträgen fehlt die Angabe des auf den einzelnen Anleger entfallenden Nettokreditbetrages; dies gilt auch für den Zeichnungsschein. Außerdem lässt sich nicht der auf den Beklagten entfallende Gesamtbetrag aller zur Tilgung und zur Begleichung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen ermitteln. Die aus diesem Verstoß gegen § 4 Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) folgende Unwirksamkeit ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht nach § 6 Abs. 2 Satz VerbrKrG durch Empfang oder Inanspruchnahme von Krediten geheilt worden. Denn die vom Beklagten empfangene Leistung ist bei einem verbundenen Geschäft i. S. des § 9 VerbrKrG der finanzierte Gesellschaftsanteil und nicht das Darlehen. Der vom Beklagten zu entrichtende Beitrag war - auch wenn er finanziert ist - das Entgelt für seine Beteiligung. Der Annahme eines Verbundgeschäftes steht auch nicht die Bestimmung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegen (vgl. auch § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB n. F.). Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.03.2005 ausgeführt hat, liegt ein Verbundgeschäft bei HAT-Fonds vor, weil sich die Fondgesellschaft und die Bank der selben Vertriebsorganisation bedienen und insbesondere der Abschluss der Darlehensverträge nicht mit den einzelnen Anlegern, sondern mit den von den Initiatoren ausgewählten Treuhänder erfolgte.
Eine nachträgliche Genehmigung des unwirksamen Vertrages durch den Beklagten nach §§ 172, 184 BGB ist nicht erfolgt. Weder die Zahlungen durch den Beklagen noch die Unterzeichnung der Vereinbarung über die Konditionenänderung können als nachträgliche Genehmigung angesehen werden. Eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäfte setzt nämlich regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass darüber hinaus in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen. Diese Voraussetzungen liegen hier, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht vor. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Seite 6f UA) Bezug. Im übrigen ist das Verhalten des Beklagten auch nicht derart gewichtig, dass es der Legitimationswirkung einer Urkunde LS. v. § 172 BGB nahe kommt (vgl. auch BGH NJW 2004, 2736, 2738 sowie 2745, 2747). Auch aus den Zahlungen des Beklagten lässt sich für die Klägerin nichts Günstigeres herleiten, weil der Beklagte die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages nicht kannte.
Die Nachtragsvereinbarung vom 09.08.2001 rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Dort wird nämlich lediglich darauf hingewiesen, dass bedingt durch den Ausfall der Mietgarantie, verursacht durch den Konkurs der HAT und wegen der zur Zeit geringen Mieteinnahmen sich für den Darlehensnehmer eine monatliche Unterdeckung ergibt, die es erforderlich mache, dass dieser die nicht durch die Mieten und Steuervorteile gedeckten Zins- und Tilgungsleistungen selbst aufbringen müsste. Derzeit sei die klagende Bank bereit, für eine Übergangszeit den. Darlehensnehmer durch Sonderkonditionen zu unterstützen. Der bloße Hinweis: "Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit der Unterzeichnung dieser Nachtragsvereinbarung sämtliche Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Wirksamkeit des Darlehensvertrages sowie in Bezug auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur ordnungsgemäßen Rückzahlung eines Darlehensanteils erledigt sind" reicht auch im Zusammenhang mit der gleichzeitig übersandten Stellungnahme vom 22.06.1999 nicht aus, eine Genehmigung oder ein abstraktes Schuldanerkenntnis anzunehmen (vgl. BGH NJWRR 1995, 134). Dort heißt es nämlich lediglich: "Von einzelnen Untergerichten ist die Meinung vertreten worden, dass bereits in einer Vollmacht zum Abschluss des Darlehensvertrages die Angaben nach § 4 VerbrKrG enthalten sein müssen. Andere Gerichte lehnen dies ab. Die Frage ist vom Bundesgerichtshof bisher noch nicht entschieden worden. Sollte die höchstrichterliche Rechtsprechung trotzdem der Meinung der bejahenden Untergerichte folgen, so hätte dies zur Folge, dass anstelle des vertraglich vereinbarten Zinssatzes der gesetzliche Zinssatz gilt, der Darlehensvertrag im übrigen aber wirksal1) bleibt." Auf eine etwaige Unwirksamkeit ist jedoch keineswegs hingewiesen. Im Folgenden ist lediglich von Aufklärungspflicht die Rede und auf Folgendes hingewiesen: "Nach Ansicht der Bank findet im vorliegenden Fall kein Einwendungsdurchgriff statt. § 9 VerbrKrG, der bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Darlehensvertrag und Kaufvertrag einen solchen Eingriff ermöglich", findet keine Anwendung. Ein solcher Einwendungsdurchgriff scheide aus, so dass die eingegangenen Darlehensverträge wirksam seien. Ein Hinweis auf etwaige entgegenstehende Rechtsprechung ist nicht gegeben. Im übrigen datiert diese Stellungnahme aus 1999.
Das Fehlen eines wirksamen Darlehensvertrages hat auch nicht zur Folge, dass der Beklagte unter bereichungsrechtlichen Grundsätzen zur Zahlung verpflichtet ist. Denn die Unwirksamkeit der Darlehensverträge führt zum Erlöschen der Rückzahlungsansprüche der Klägerin und nicht dazu, dass die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren wären. Die Darlehen und der Erwerb der Fondanteile stellen sich nämlich, wie ausgeführt, als verbundene Geschäfte i. S. des § 9 VerbrKrG dar. Die an den Beklagten erbrachte Leistung besteht in der mit dem Darlehen finanzierten Leistung der Gesellschaftsbeteiligung und nicht in der Gewährung der Darlehen (BGH a.a.O. S. 987). Dem steht die Entscheidung des OLG München (WM 2005, 1986 ff) nicht entgegen, weil es hier - anders als bei dem vom OLG München zu beurteilenden Sachverhalt - um die Fragestellung geht, ob die Beteiligung an einer Fond-Gesellschaft von der Bereichsausnahme für Verbundgeschäfte erfasst ist oder nicht. Insbesondere hat das OLG München über einen sog. Realkredit zu befinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 544 ZPO. .
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen. Der 2. Zivilsenat hat in der hier maßgeblich erwähnten Entscheidung vom 21.03.2005 ausdrücklich eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen gern. § 132 Abs. 2 GVG nicht für geboten erachtet. Unter diesen Umständen kam eine Zulassung der Revision nicht in Betracht.