Bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten taucht immer wieder die Frage auf, ob und in welcher Weise zu berücksichtigen ist, daß eine der Parteien mietfrei z. B. in einer eigenen Eigentumswohnung lebt. Grundsätzlich gilt, daß sowohl auf Seiten der Unterhaltsberechtigten als auch auf Seiten der Unterhaltsverpflichteten der sogenannte "Wohnvorteil" durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim als Einkommen behandelt und bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt wird. Dabei wird der Wohnvorteil grundsätzlich insoweit als Einkommen berücksichtigt, als der Mietwert des Objektes (entsprechend der objektiven Marktmiete ohne Mietnebenkosten) die Höhe der absetzbaren Hausbelastungen übersteigt. Die absetzbaren Hausbelastungen setzen sich zusammen aus.
Besonderheiten gelten beim Ehegattenunterhalt zunächst für die Zeit nach der Trennung bis zur Scheidung. Während der Trennungszeit können für einen begrenzten Zeitraum auch geringere Nutzungswerte als die "objektive Marktmiete" des konkreten Objektes anzusetzen sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Ehepartner den auf die Bedürfnisse der gesamte Familie zugeschnittenen Grundbesitz alleine weiter nutzt und eine "anderweitige Verwertung" (Veräußerung, Vermietung o.ä.) nicht zumutbar oder tatsächlich nicht möglich ist. So wird von vielen Gerichten für das erste und teilweise auch noch bis zum zweiten Jahr der Trennungszeit die Zumutbarkeit der Verwertung verneint. Für diese Zeit wird dann als Bemessungsgrundlage für den "Wohnvorteil" auf die ersparte Miete für eine angemessene kleinere Wohnung entsprechend dem ehelichen Lebensstandart abgestellt, natürlich unter Berücksichtigung der oben geschilderten absetzbaren Hausbelastungen.
Für die Zeit nach der Scheidung ist grundsätzlich wie beschrieben auf die volle objektive Marktmiete des Objektes abzüglich der Hauslasten abzustellen.
Die Zurechnung eines positiven Wohnvorteils entfällt, wenn die Hauslasten höher sind als der Wohnwert. In diesem Fall kann sich sogar ein "negativer Wohnwert" ergeben, der als berücksichtigungsfähige Schuld vom Einkommen abzusetzen sein kann.
Nach Veräußerung der gemeinsamen Wohnung ist kein Wohnvorteil mehr anzusetzen, da die Nutzungsvorteile für beide Ehegatten entfallen sind. Allerdings sind Zinsvorteile aus dem Verkaufserlös oder Nutzungsvorteile aus dem mit dem Verkaufserlös finanzierten neuen Grundbesitz wiederum als Einkommen bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.
Verbraucht dann einer der Ehegatten einen Teil des ihm aus der Veräußerung des Familienheims zugeflossenen Kapitals, ohne daß ihm Zinsvorteile oder Gebrauchsvorteile zugerechnet werden können, so bleibt unter Umständen auch für den anderen Ehegatten ein entsprechender Teil für die Ermittlung der als Einkommen zu wertenden Vorteile unberücksichtigt. Beispiel: Aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses werden für jeden Ehegatten 100.000 EUR erzielt. Der eine kauft davon eine Wohnung, mit der er einen Wohnvorteil von 320 EUR erzielt. Der andere Ehepartner gibt 50.000 EUR für nicht "ertragbringende" Zwecke aus und erzielt aus den restlichen 50.000 EUR monatlich 125 EUR. Hier würde auf Seiten des "Wohnungseigentümers" nur der halbe Wohnvorteil (entsprechend dem Einsatz von 50.000 EUR) zu berücksichtigen sein. Dies deshalb, weil sonst sowohl der unterhaltsberechtigte als auch der unterhaltspflichtige Ehegatte rechnerisch um so günstiger stünden je mehr sie von dem ihnen zugeflossenen Kapital (offiziell) verbrauchen.
Die bei der Bemessung im Einzelfall zu berücksichtigenden Gesichtspunkte - z. B. auch die Frage der Einbeziehung des Aufenthalts der gemeinsamen Kinder in dem selbstgenutzten Objekt - sind vielfältig und die Handhabung innerhalb der einzelnen Oberlandesgerichtsbezirke teilweise unterschiedlich. Wir empfehlen daher jedem, der sich zu unterhaltsrechtliche Gesichtspunkten informieren möchte, Beratung bei einem im Familienrecht versierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.