Disagio wird zinsanteilig erstattet

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HANDELSBLATT

HAMBURG. Mit einer Serie von Urteilen hat der BGH in den vergangenen Jahren die Problematik von Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen aus vorzeitig beendeten Darlehensbeziehungen aufgearbeitet. Das jüngste Urteil (BGH XI ZR158/97 v. 27. Januar 1998) bezieht sich auf die Berechnung einer Disagiorückerstattung.

Dazu, in welcher Höhe ein Disagio bei vorzeitig beendeten Darlehen zu erstatten ist, hatte sich der BGH bisher noch nicht geäußert. Entschieden hatte er primär die Fragen, unter welchen Bedingungen ein Disagio anteilig zurückgefordert werden kann (BGHZ 111, 287; BGH ZIP 1992, 825; BGH ZIP 1993, 1700) und in welchem Verhältnis Vorfälligkeitsentschädigung und Disagioerstattung stehen (BGH ZIP 1996,1895).

Der Kläger hatte das 1974 aufgenommene Darlehen bereits 1978 vorzeitig zurückgezahlt, obwohl der Vertrag eine 30jährige Laufzeit vorsah. Das noch unverbrauchte Disagio wäre über die lange Laufzeit sukzessive aufgezehrt worden.

Im Zuge der Disagio-Urteile machte der Kläger seine Rückerstattungsrechnung auf. Er vertrat dabei die Ansicht, daß jedem einzelnen der 30 Laufzeitjahre ein kalkulatorisch 3,33%-iger Anteil des Disagio zuzurechnen sei, er mithin innerhalb der vier absolvierten Jahre lediglich einen 13,33%-igen Anteil des Disagios verbraucht habe.

Die beklagte Kreditgeberin, eine öffentliche Versorgungsanstalt, stellte dagegen darauf ab, daß das Disagio bereits zu jenem Anteil verbraucht sei, in dem die über vier Jahre geleisteten Zinszahlungen zur Gesamtsumme aller Zinsen über die 30jährige Laufzeit stehen. Wegen der kontinuierlichen Darlehenstilgung nimmt der in jeder Leistungsrate enthaltene Zinsanteil sukzessive ab, der Tilgungsanteil dagegen zu. Diese Art der Rückerstattungsrechnung führt zu einem degressiven (abnehmenden) Disagioverbrauch.

Der BGH folgte der Ansicht der beklagten Versorgungsanstalt. Einen zeitproportionalen Verbrauch des Disagios lehnte er ab: Verständige Vertragsparteien hätten. wenn sie die Frage der Disagiorückerstattung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung bereits zum Thema ihrer Vertragsverhandlungen gemacht hätten. Die Berechnungsweise der Beklagten vorgezogen. Gegen diese Rechtsauffassung ist nichts einzuwenden.

Noch unbeantwortet ließ der BGH aber die Frage. ob nicht eine andere Art der Berechnung dem Willen der Vertragsparteien näherkommt. Wird das Disagio zur Verbilligung des Nominalzinssatzes eingesetzt. So entspricht es eher dem Wunsch der Parteien, daß das Darlehen in beiden Laufzeitteilen, dem absolvierten Darlehenszeitraum (hier: 4 Jahre) wie auch dem zukünftigen (hier: 26 Jahre), gleich teuer ist. Den Preis eines Darlehens beschreibt der effektive Jahreszins.

Geht man nun von der Zielsetzung aus, daß für beide Zeiträume der vertragliche Effektivzins gelten soll, so ist die Disagioerstattung für den ersten Zeitraum gerade in entsprechender Höhe (effektivzinskonform) auszurechnen. Die optimale Erstattung ist erreicht, wenn der Effektivzinssatz für den ersten Teilzeitraum dem vertraglichen Effektivzinssatz entspricht. Dann stimmt dieser Zins auch mit der Effektivverzinsung für den zweiten Teilzeitraum überein. Diese Art der Rückerstattungsrechnung bildet den degressiven Verbrauch des Disagios ebenso ab wie die an den Zinsanteilen orientierte Methode. Für die Darlehensnehmer ergibt sich zu dem der günstige Nebeneffekt, daß die Disagioerstattung höher ausfällt.

Autor
Susanne Hahn
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Prof. Dr. Klaus Wehrt
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