Erfolgreich Umschulden: Was zu beachten ist.

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Im Monat Februar erreichte die durchschnittliche Umlaufrendite ihren historischen Tiefstand. Seitdem sind die Zinssätze wieder auf dem Weg nach oben. Die Experten prognostizieren einen weiteren, wenn auch zunächst moderaten Zinsanstieg. So mancher Darlehensnehmer überlegt deshalb, den laufenden Kredit in einen zinsgünstigeren umzuschulden.

Viele wichtige Aspekte einer erfolgreichen Umschuldung werden häufig mißachtet. Deshalb werden die wichtigsten zu beachtenden Punkte nachfolgend herausgearbeitet.

 

Existiert ein Recht auf Umschuldung?

Die Umschuldung stellt eine vorzeitige Beendigung eines laufenden Darlehensvertrags dar. Deshalb begegnet die Kreditwirtschaft diesem Ansinnen nicht gerade mit Sympathie. Die Darlehensgeber lehnen die Umschuldung häufig ab und bestehen auf der Fortsetzung des Vertrags.

Bei Darlehen mit variabler Verzinsung besteht entsprechend der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 609a BGB ein Recht zur vorzeitigen entschädigungslosen Rückzahlung mit 3monatiger Kündigungsfrist.

Bei festgeschriebenen Darlehen ist als Kündigungstermin jenes Datum entscheidend, an dem die Zinsbindungsfrist endet. Eine vorzeitige Vertragsbeendigung setzt mindestens voraus, daß der Schuldner seiner Bank den Zinsschaden ausgleicht. Rechtlich noch ungeklärt ist die Frage, ob der Kreditgeber verpflichtet ist, einen Schuldner aus dem Vertrag zu entlassen, der sein Darlehen gegen den Ersatz des Zinsschadens vorzeitig zurückzahlen möchte.

Willigt der Kreditgeber in die vorzeitige Rückzahlung ein, so überwiegen jedoch die Stimmen, die den Entschädigungsanspruch der Bank auf den Ersatz des Zinsschadens beschränken (BGH WM 1996, 2047; OLG Karlsruhe Az: 3 U 52/95 v. 22.11.1996; LG Braunschweig NJW-RR 1996, 303). Ein Vorfälligkeitsentgelt, das den Zinsschaden übersteigt und den Versuch des Kreditgebers darstellt, sich an den Zinsgewinnen aus der Umschuldung zu beteiligen, wird mehrheitlich als rechtswidrig empfunden.

 

Wie ist der Zinsschaden zu berechnen?

Der Zinsschaden setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, den Zinsverschlechterungs- sowie den Zinsmargenschaden (BGH WM 1991, 760; vgl. auch Beitrag Vorfälligkeitsentschädigung, Immobilien-Zeitung Nr. 8, v. 04.04.97). Zur Ermittlung der Zinsverschlechterung werden zwei Nominalzinssätze verglichen: der des Kreditvertrags und der eines Vergleichsdarlehens, das zu Marktkonditionen für die Länge des Zeitraums bis zum nächsten Kündigungstermin ausgeliehen werden kann. Schon aus dieser Vorschrift zur Berechnung des Zinsverschlechterungsschadens ergibt sich, daß sich eine Umschuldung regelmäßig nur dann lohnt, wenn die Neukonditionen für einen Zeitraum vereinbart werden, der über den Zeitpunkt der nächsten Kündigungsmöglichkeit hinausreicht - Ausnahme: die Aufnahme des neuaufgenommenen Kredits erfolgt weit unter Marktkonditionen -.

Der weitere Umstand, daß ein Kreditgeber neben dem Zinsverschlechterungsschaden auch noch einen sog. Zinsmargenschaden verlangen kann - die jährliche Zinsmarge ist dabei mit 0,5 Prozentpunkten anzusetzen (OLG Schleswig, Az: 5 U 124/95 v. 2.10.1996, OLG Zweibrücken WM 1996, 621) -, reduziert die möglichen Umschuldungsvorteile zusätzlich.

Durchgängig ist bei der Zinsschadensberechnung der vertraglich vereinbarte Restkapitalverlauf zu berücksichtigen. Ein sich reduzierendes Restkapital verringert auch Zinsverschlechterungs- und Zinsmargenschaden. Ferner ist der Zinsschaden mit dem marktaktuellen Zinssatz des Vergleichsdarlehen zu diskontieren.

Mit den Maßstäben einer höchstrichterlichen Schadensberechnung nicht in Einklang stehen die in der Kreditwirtschaft weit verbreiteten sog. KAPO-Berechnungen, wonach der Zinsschaden über einen Vergleich zu den Wiederanlagesätzen im Pfandbrief-, Wertpapier- oder Geldanlagegeschäft ermittelt wird (BGH WM 1996, 2047).

 

 

Wann lohnt sich eine Umschuldung?

Eine Umschuldung wird umso erfolgreicher sein, wenn die Restlaufzeit des festgeschriebenen Darlehens bis zum nächsten Kündigungstermin relativ kurz, der neue Zinsbindungszeitraum mit den günstigen Neukonditionen dagegen relativ lang ist. Von Umschuldungen, bei denen ein Darlehen mit dreieinhalbjähriger Restlaufzeit durch einen fünfjährigen Kredit ersetzt wird, ist abzuraten.

Eine zuverlässige Aussage darüber, ob der Darlehensnehmer von seiner Umschuldung letztlich profitiert hat, kann erst in der Zukunft, nach Ablauf der Zinsbindungsfrist des Altdarlehens gegeben werden, dann steht nämlich fest, wie hoch die tatsächlichen Zinssätze für die Anschlußfinanzierung gewesen wären.

In der Gegenwart hilft die Berechnung eines sog. kritischen Zinssatzes, der zum Zeitpunkt der regulären Anschlußfinanzierung mindestens gelten muß, damit sich die vorzeitige Ablösung lohnt. Der Schuldner muß somit in der Gegenwart selbst entscheiden, ob er glaubt, daß die Marktzinssätze für die reguläre Anschlußfinanzierung ober- oder unterhalb des kritischen Zinssatzes liegen werden.

Zur Berechnung des kritischen Satzes wird von den neuen Konditionen des Umschuldungsdarlehens ausgegangen. Der bankseitig zu erwartende Zinsschaden wird für die noch abzuwickelnde Restlaufzeit darauf verrechnet. Auf diese Weise läßt sich die effektive Verzinsung der gesamten Umschuldungsaktion bestimmen. Ausgehend von diesem Effektivzinssatz wird sodann ein zweiter Zinssatz gesucht. Kalkuliert wird derjenige Satz, der zum Zeitpunkt der regulären Anschlußfinanzierung mindestens gelten muß, damit das Altdarlehen zusammen mit der Anschlußfinanzierung genau die gleiche Effektivverzinsung wie das Umschuldungsdarlehen (inkl. Zinsschaden) aufweist. Entsprechende Berechnungen führen Finanzexperten gegen Honorar durch.

 

Eine hausinterne Umschuldung bietet oft Vorteile

Einer vorzeitigen Umschuldung weit eher zugetan ist ein Kreditinstitut, wenn der Kunde mit dem neuen Darlehen seinem Institut treu bleibt. In diesem Fall wird der Gewinn, der aus dem vorzeitig abgelösten Altkredit entgeht, durch die Gewinne aus dem Umschuldungsdarlehen mehr als kompensiert. Daran, daß das Umschuldungsdarlehen für eine längere Laufzeit vereinbart wird, verdient die Bank zusätzlich.

Das oft gehörte Gegenargument, daß die eigene Bank das Umschuldungsdarlehen möglicherweise nur zu schlechteren Konditionen als die Wettbewerber anbietet, wird abgeschwächt:

1. Eine Abwehr der Umschuldungsbemühungen für den Fall, daß über ein anderes Institut finanziert wird, nützt dem Darlehensnehmer am wenigsten.

2. Für die Restlaufzeit des Altdarlehens ist der Zinsverschlechterungsschaden zu ersetzen. Er reduziert sich, wenn das Umschuldungsdarlehen zu höheren, über dem Marktdurchschnitt liegenden Sätzen ausgeliehen wird.

3. Im Falle einer hausinternen Umschuldung ist ein sog. Zinsmargenschaden nicht zu ersetzen. Das Umschuldungsgeschäft hätte die Bank nicht getätigt, wenn das Altdarlehen nicht vorzeitig abgelöst worden wäre. Insofern ist die neue Finanzierungsnachfrage kausal durch die vorzeitige Ablösung bedingt. Der Gewinn des neuen Geschäfts ersetzt den Gewinnentgang aus dem alten Geschäft (OLG Zweibrücken, WM 1996, 621). Weitere 0,5 Zinsprozentpunkte pro Restlaufzeitjahr werden somit eingespart.

Autor
Angela Wehrt-Sierwald
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