4% Zinsen bei nicht angegebenem effektiven Jahreszinssatz.

Fachartikel

Gesellschaften bürgerlichen Rechts, sog. GbRs, sollten ihre Kreditverträge überprüfen. Sind diese nach dem 1. Januar 1991 abgeschlossen worden und fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes, so besteht für die Vergangenheit wie auch für die Zukunft ein Anspruch darauf, daß die Verzinsung des Darlehens nur mit 4% jährlich erfolgt. Einzige Ausnahme: In den seltenen Fällen, in denen der Umfang der Geschäfte der GbR schon vor Vertragsschluß einen eingerichteten Geschäftsbetrieb mit eigenem Büro erforderte, durfte auf die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes verzichtet werden.

Das Urteil darf als Sprengsatz für so manche Kreditbeziehung gewertet werden. Auf ein Darlehen im Umfang von 2 Mio. DM mit einer Verzinsung von 9%, Tilgung 1%, abgeschlossen im Jahr 1991 für zehn Jahre können jährlich über 100.000 DM zurückgefordert werden, über zehn Jahre macht das – unter Einschluß der darüber hinaus noch fälligen herauszugebenden Nutzungen – bereits knapp 1,2 Mio. DM als Erstattungsanspruch (vgl. Zahlenbeispiel). Für Darlehen aus der jüngeren Vergangenheit sieht die Rechnung ähnlich aus, weil der Anspruch sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft gerichtet ist.

Viele Institute hatten in der Vergangenheit darauf verzichtet, Darlehen, die sie an Gesellschaften bürgerlichen Rechts ausreichten, wie Verbraucherdarlehen zu behandeln. Für sie stand außer Zweifel, daß es sich bei den ausgehandelten Krediten um gewerbliche Darlehen handelte. Die Pflichtangaben nach dem Verbraucherkreditgesetz, insbesondere die Nennung des effektiven Jahreszinssatzes wurden deshalb unterlassen.

Im ausgeurteilten Fall bildeten vier Rechtsanwälte und ein Bankbetriebswirt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und erwarben ein bebautes Grundstück, das sie über einen hypothekarischen Kredit finanzierten. Die Gesellschaft verfolgte das Ziel des Umbaus, der Verwaltung sowie der etwaigen Verwertung des Grundstücks. Weil der effektive Jahreszinssatz auf der Darlehensurkunde nicht angegeben war, klagten die Gesellschafter auf einen Verstoß gegen das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG), dessen § 4 die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes fordert.

Die Sanktion, die der § 6 des VerbrKrG dafür bereithält, ist eine Verzinsung des Darlehens mit dem gesetzlichen Zinssatz von nur 4% für die Vergangenheit und die Zukunft.

Der Bundesgerichtshof betont in seinem Urteil (BGH WM 2001, 2379) ausdrücklich, daß das Verbraucherkreditgesetz auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts Anwendung findet. Geschützt sind damit nicht nur Ehegatten als gemeinsame Darlehensnehmer, sondern darüber hinaus auch jedweder Zusammenschluß von Personen zu einer GbR, so also auch Personenkreise, die mit der Zielsetzung der Steuerersparnis Einkaufszentren in Millionenhöhe finanzieren.

Beispielsdarlehen
Vertragsschluß: 31.12.1991
Zinsbindungsfrist bis: 31.12.2001
Darlehensbetrag: 2 Mio. DM
Zinssatz: 9%
Tilgung: 1%
Zahlungsweise: vierteljährlich
Tilgungsverrechnung: jährlich
Restkapital am 31.12.2001 1.696.141 DM
Rückerstattungsanspruch per 31.12.2001 1.188.876 DM

Entscheidendes Kriterium für die Antwort auf die Frage, ob ein Verbraucherdarlehen vorliegt, ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshof der Umfang der Geschäfte der GbR. Dabei ist es nach dem Urteil unerheblich, auf welchen Betrag die Darlehenssumme sich beläuft. Auch auf Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe findet das Verbraucherkreditgesetz Anwendung, wenn die GbR nicht über einen eingerichteten Geschäftsbetrieb mit eigenem Büro und Personal verfügt.

Derartige Darlehen sind nach dem Urteil des BGH weder einer gewerblichen noch einer planmäßigen auf Dauer angelegten selbständigen Tätigkeit zuzuordnen, sondern dienen im allgemeinen der Verwaltung privaten Vermögens. Daher sind sie Verbraucherdarlehen.

Soweit die GbR bei Aufnahme des Darlehens noch über keinen eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügte, sondern die geschäftliche Organisation erst im Nachhinein aufbaute, bleibt sie in bezug auf das in Streit stehende Darlehen Verbraucher im Sinne des VerbrKrG, denn für die Beurteilung der Verbrauchereigenschaft maßgeblich ist der Zeitpunkt der Darlehensaufnahme.

Nicht vorhalten lassen muß sich eine GbR aus informierten Personen – vorliegend bspw. Rechtsanwälte –, daß sie schon bei Vertragsschluß vom Verstoß gegen das VerbrKrG wußte und insoweit treuwidrig eine Verzinsung von 4% fordert. Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine unzulässige Rechtsausübung, denn der Gesetzgeber hat die Sanktion einer nur 4%-igen Verzinsung nicht davon abhängig gemacht, ob der Darlehensnehmer schon bei Vertragsschluß vom Formmangel wußte.

Das Urteil wirkt sich auch auf solche Darlehensbeziehungen aus, die bereits planmäßig beendet oder gegen Vorfälligkeits- oder Nichtabnahmeentschädigung vorzeitig aufgehoben wurden. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung darf mit der Zinsentschädigung nur die Differenz zwischen dem Darlehenszinssatz von mageren 4% zu den geltenden Wiederanlagezinssätzen überbrückt werden, die sich gegenwärtig ebenfalls in einer Höhe von ca. 4% bewegen. In den meisten Fällen wird somit die gezahlte Zinsentschädigung fast komplett zurück gefordert werden können.

Für Disagio-Darlehen typisch ist der geringe Nominalzinssatz. Beträgt dieser bspw. nur 4%, so kann zwar eine Zinserstattung nicht beansprucht werden, aber das möglicherweise sogar 10% betragende Disagio kann vollständig zurückgefordert werden.

Betroffenen Darlehensnehmern wird dringend empfohlen, von sachverständiger Seite entsprechende Rückrechnungen anstellen zu lassen und sich anwaltlich zu beraten.

Autor
Susanne Hahn
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Prof. Dr. Klaus Wehrt
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